Bedürfnisse und Kommunikation

Über Pfingsten hat der Junfermann Verlag einen online-Kongress zum Thema „Gewaltfreie Kommunikation“ angeboten; gerade zu Pfingsten ein sehr passendes Thema.

Ich habe einige Vorträge angeschaut und dabei eine interessante Erfahrung gemacht: In mir wurde es immer stiller. Eine der Kernaussagen mehrerer ReferentInnen, denen ich zugehört hatte, war: „Meine persönlich größte Veränderung liegt darin, dass ich meine Bedürfnisse besser kennengelernt habe“. Zunächst war ich irritiert, denn Kommunikation hat doch entscheidend mit mir und dem Gegenüber zu tun. Doch mir wurde beim Zuhören immer klarer, dass das wertschätzende, gewaltfreie Sprechen wesentlich in mir selbst beginnt, indem ich mich und meine Bedürfnisse erkunde.

Mein Ärger über meine Tochter, wenn dreckiges Geschirr sich auf der Spülmaschine stapelt… Meine zunehmende Unruhe, wenn ein Drittklässler in Religion ständig mit dem Stuhl kippelt… Gelingt es, hinter dem starken Gefühl mein Bedürfnis zu erkennen, ist das ein wesentlicher Schritt. Manchmal reicht dieser Schritt interessanterweise schon, so einer der Referenten: Das Bewusstmachen meines Bedürfnisses hilft bereits, klarer und ruhiger zu werden, mehr in Kontakt zu mir selbst zu kommen. Wenn das Bedürfnis schließlich geäußert und eine Bitte formuliert wird, ist die Reaktion darauf erfahrungsgemäß deutlich anders, als wenn sich der Ärger beim Gegenüber „entlädt“.

Im Familienalltag gibt es verschiedenste Auslöser für Ärger, Trauer oder Stress und viele Gelegenheiten, zu üben, sich auf die Spur der Bedürfnisse zu machen. „Aufstellungen“ zu den Bedürfnissen finden Sie im Internet. Das ist insofern hilfreich, als sich durch die Begriffe ein Bedürfnis tatsächlich feiner bestimmen lässt! Dass der unruhige Drittklässler z. B. mein Bedürfnis danach, „wirksam“ zu sein, stört, ist ein erhellender Gedanke, wie ich finde. Eventuell verläuft ein Gespräch mit ihm darüber im Anschluss an die Relistunde ganz anders als erwartet. Mit einer Bitte um Unterstützung wird meine Tochter auch besser umgehen können als mit schlechter Laune. Mit Blick auf die Familie betonen die Therapeuten Brooks & Goldstein:

„Es ist diese tägliche Kommunikation, die Resilienz entstehen und wachsen lässt.“ („Das Resilienz-Buch“)

Der Weg der Gewaltfreien Kommunikation kann die eigene Resilienz und die meiner Familienmitglieder stärken und dadurch zusätzlich zu einer Art Kraftquelle werden.